Die Einhaltung der DGUV Vorschrift 3 ist für alle Unternehmen in Deutschland verpflichtend. Sie sorgt für die elektrische Sicherheit am Arbeitsplatz und hilft, Unfälle zu vermeiden. Doch während viele Betriebe auf standardisierte Prüfverfahren oder externe Dienstleister setzen, stellt sich für wachstumsstarke oder besonders sicherheitsbewusste Unternehmen zunehmend eine entscheidende Frage: Lohnt es sich, ein eigenes Prüfkonzept für die DGUV V3 Prüfung zu entwickeln?
Dieser Artikel beleuchtet fundiert, wann ein individuell erstelltes Prüfkonzept sinnvoll ist, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und welchen Nutzen ein maßgeschneidertes System gegenüber Standardlösungen bietet. Ziel ist es, Entscheidungsträgern eine klare Orientierungshilfe zu geben.
Was versteht man unter einem eigenen Prüfkonzept?
Ein Prüfkonzept ist ein strukturiertes, unternehmensspezifisches System zur Organisation, Durchführung und Dokumentation der elektrischen Sicherheitsprüfungen nach DGUV Vorschrift 3. Es ersetzt keine gesetzliche Regelung, sondern interpretiert sie innerhalb der betrieblichen Strukturen, Prozesse und Ressourcen.
Ein eigenes Prüfkonzept beinhaltet unter anderem:
- Definition von Prüfintervallen auf Basis von Gefährdungsbeurteilungen
- Organisation der Prüfdurchführung (intern oder hybrid)
- Standardisierung der Prüfschritte
- Auswahl geeigneter Prüfmittel
- Rollen- und Verantwortlichkeitsverteilung
- Dokumentationssysteme (digital oder analog)
- Eskalationsmechanismen bei Mängeln
Vorteile eines individuellen Prüfkonzepts
Ein eigenes Konzept ist aufwändiger als der Standardweg, bietet jedoch zahlreiche Vorteile, besonders in größeren, komplexeren oder hochsicherheitsrelevanten Organisationen.
1. Maßgeschneiderte Prüfintervalle
Die DGUV V3 schreibt keine pauschalen Prüfzyklen vor – diese müssen laut Betriebssicherheitsverordnung auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden. Ein eigenes Prüfkonzept ermöglicht:
- Risikobasierte Anpassung der Prüffristen
- Reduktion unnötiger Prüfungen
- Optimierung der Ressourcennutzung
2. Einheitlichkeit trotz dezentraler Strukturen
Gerade Unternehmen mit mehreren Standorten oder unterschiedlichen Abteilungen profitieren von einem zentral abgestimmten Konzept, das in allen Bereichen einheitlich umgesetzt wird.
3. Rechts- und Audit-Sicherheit
Ein dokumentiertes Prüfkonzept zeigt Behörden und Auditoren, dass die elektrische Sicherheit ernst genommen und systematisch umgesetzt wird. Im Schadensfall kann dies haftungsreduzierend wirken.
4. Kosteneffizienz auf lange Sicht
Durch optimierte Abläufe und Prüfzyklen lassen sich langfristig erhebliche Kosten einsparen, insbesondere bei der Prüfung vieler ortsveränderlicher Geräte.
Wann lohnt sich ein eigenes Prüfkonzept besonders?
Ein solches Konzept ist nicht für jedes Unternehmen zwingend notwendig. Doch es gibt klare Situationen, in denen sich der Aufwand lohnt:
1. Unternehmen mit hoher Geräteanzahl
Viele elektrische Betriebsmittel bedeuten hohe Prüfaufwände. Ein strukturiertes Konzept hilft, diese systematisch und ressourcenschonend abzuwickeln.
2. Unternehmen mit kritischer Infrastruktur
In Kliniken, Rechenzentren, Chemiebetrieben oder Flughäfen ist unterbrechungsfreie Betriebssicherheit entscheidend. Ein individuelles Konzept hilft, Risiken frühzeitig zu erkennen und gezielt zu adressieren.
3. Schnell wachsende Unternehmen
Wenn ein Betrieb schnell skaliert – etwa durch Übernahmen oder Standorterweiterung – entsteht Chaos, wenn kein einheitliches Prüfsystem existiert. Ein Konzept schafft Ordnung und Standardisierung.
4. Interne Prüfkompetenz vorhanden
Unternehmen mit ausgebildetem elektrotechnischen Personal und geeigneten Prüfmitteln können durch ein internes Konzept Kosten und Abhängigkeiten reduzieren.
5. Vorbereitung auf Zertifizierungen (ISO 45001, ISO 50001 etc.)
Ein strukturiertes Prüfkonzept zahlt direkt auf Managementsysteme ein und erhöht die Chancen auf erfolgreiche Audits.
Aufbau eines erfolgreichen Prüfkonzepts
Der Aufbau sollte strukturiert und in Abstimmung mit Fachkräften erfolgen. Die folgenden Schritte sind bewährt:
Schritt 1: Bestandsaufnahme
- Welche Geräte und Anlagen sind vorhanden?
- Welche Gefährdungen bestehen?
- Welche Prüfpflichten ergeben sich?
Schritt 2: Gefährdungsbeurteilung
Die Grundlage jedes Prüfkonzepts. Hier wird bewertet, welche Risiken von den elektrischen Betriebsmitteln ausgehen und wie oft sie deshalb geprüft werden sollten.
Schritt 3: Festlegung der Prüfintervalle
Beispielhafte Intervallrichtwerte (nach DIN VDE 0701-0702):
- Täglich genutzte Geräte: jährlich
- Selten genutzte Geräte: alle 2 Jahre
- Ortsfeste Anlagen: 4-jährig (abhängig vom Umfeld)
Schritt 4: Rollen und Verantwortlichkeiten
Definieren Sie klar:
- Wer prüft?
- Wer dokumentiert?
- Wer kontrolliert die Einhaltung?
Schritt 5: Auswahl und Schulung von Prüfpersonal
Nur Elektrofachkräfte oder Personen unter deren Aufsicht dürfen prüfen. Auch Schulungen für neues Prüfpersonal sind zu planen und zu dokumentieren.
Schritt 6: Prüfmittel und Software
- Kalibrierte Prüfgeräte (Isolationsmessung, Schutzleiterprüfung)
- Digitale Prüfdokumentation (z. B. mit Prüfsoftware)
- Cloudsysteme zur zentralen Auswertung
Schritt 7: Mängelmanagement
Was passiert, wenn ein Gerät durchfällt?
- Sofortige Außerbetriebnahme?
- Reparatur durch Fachkraft?
- Entsorgung?
Ein funktionierender Eskalationsprozess ist Pflichtbestandteil.
Risiken bei fehlendem Prüfkonzept
Ohne Konzept herrscht oft organisatorisches Chaos: Geräte werden vergessen, Prüfintervalle nicht eingehalten, Nachweise fehlen. Das kann schwerwiegende Folgen haben:
- Rechtsverstöße
- Haftung der Geschäftsführung
- Verlust des Versicherungsschutzes
- Verletzungs- oder Todesfälle durch mangelhafte Geräte
- Reputationsschäden
Integration des Prüfkonzepts in den Betriebsablauf
Ein Konzept entfaltet nur Wirkung, wenn es auch gelebt wird. Darum sollte es:
- In das Arbeitsschutzmanagement eingebunden sein
- Regelmäßig überprüft und aktualisiert werden
- In Schulungen und Unterweisungen integriert sein
- Auch bei Neueinstellungen und Standortwechseln berücksichtigt werden
Häufige Fehler beim Aufbau eines Prüfkonzepts
- Prüfintervalle pauschal übernehmen, statt risikobasiert festzulegen
- Unklare Verantwortlichkeiten, z. B. zwischen Technik und Arbeitssicherheit
- Mangelhafte Dokumentation – was nicht dokumentiert ist, gilt als nicht gemacht
- Vernachlässigung neuer Geräte, z. B. durch fehlende Einkaufsintegration
- Keine Schulung des Personals im Umgang mit Prüfmitteln oder Dokumentation
Fazit: Ein Prüfkonzept ist kein Luxus, sondern strategischer Sicherheitsfaktor
Ein eigenes Prüfkonzept für die DGUV V3 Prüfung ist ein kraftvolles Werkzeug, um elektrische Sicherheit im Betrieb auf ein professionelles, wirtschaftliches und rechtskonformes Niveau zu heben. Besonders für wachsende, sicherheitsrelevante oder technologisch stark ausgestattete Unternehmen ist es kein Mehraufwand, sondern eine Investition in Stabilität, Effizienz und Zukunftssicherheit.
Die Entscheidung für ein individuelles Konzept sollte daher nicht als Pflicht, sondern als strategischer Schritt verstanden werden.