Verantwortung beginnt an der Unternehmensspitze
In vielen mittelständischen und großen Unternehmen steht die DGUV V3 Prüfung regelmäßig auf der Agenda der technischen Betriebsleitung. Doch was häufig übersehen wird: Die tatsächliche Verantwortung für die Umsetzung und Dokumentation dieser sicherheitsrelevanten Prüfung liegt nicht nur bei Technikern oder Fachkräften für Arbeitssicherheit – sie beginnt bei der Geschäftsführung. Die Haftungsrisiken bei einer fehlenden DGUV V3 Prüfung sind erheblich und können für Geschäftsführer persönlich und wirtschaftlich dramatische Konsequenzen haben.
In diesem Artikel beleuchten wir umfassend, wie sich Haftungsrisiken konkret äußern, wie sich Geschäftsführer absichern können und warum eine professionelle Umsetzung der DGUV V3 Prüfung nicht nur gesetzlich verpflichtend, sondern auch betriebswirtschaftlich geboten ist.
Gesetzlicher Hintergrund und Pflicht zur Prüfung
Die DGUV V3 Prüfung basiert auf mehreren rechtlichen Grundlagen, insbesondere:
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
- DIN VDE Normen (z. B. VDE 0100-600, VDE 0701-0702)
- DGUV Vorschrift 3
Diese Normen und Vorschriften verpflichten Arbeitgeber, Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit der Mitarbeitenden im Umgang mit elektrischen Anlagen zu gewährleisten. Bei Nichterfüllung dieser Prüfpflichten kann im Schadensfall von Fahrlässigkeit oder gar grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden.
Die Rolle der Geschäftsführung
Die Geschäftsleitung ist in der rechtlichen Pflicht, für einen ordnungsgemäßen Zustand aller elektrischen Anlagen zu sorgen. Die Verantwortung kann intern delegiert werden (z. B. an eine Fachkraft für Arbeitssicherheit oder den technischen Leiter), aber die grundsätzliche Verantwortung bleibt bei der Geschäftsführung.
Das bedeutet: Auch wenn eine technische Abteilung zuständig ist, haftet im Ernstfall die Geschäftsführung – insbesondere, wenn keine ausreichende Überwachung oder keine ordnungsgemäße Delegation erfolgt ist.
Haftungsrisiken bei unterlassener DGUV V3 Prüfung
1. Zivilrechtliche Haftung
Kommt es durch eine nicht geprüfte oder defekte elektrische Anlage zu einem Schaden (z. B. Brand, Stromschlag, Ausfallzeiten), kann die Geschäftsführung zivilrechtlich haftbar gemacht werden. Dazu gehören:
- Schadensersatzforderungen von Mitarbeitenden oder Dritten
- Reklamationen von Kunden durch Lieferverzögerungen
- Rückgriff durch Versicherer (Stichwort: Regress)
2. Strafrechtliche Konsequenzen
Bei schweren Verstößen oder Personenschäden kann die Geschäftsführung auch strafrechtlich belangt werden. Relevante Straftatbestände sind:
- Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB)
- Fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)
- Verstöße gegen Arbeitsschutzvorschriften (§ 130 OWiG)
3. Ordnungswidrigkeiten und Bußgelder
Auch ohne direkten Schaden kann eine fehlende oder mangelhafte DGUV V3 Prüfung als Ordnungswidrigkeit gewertet werden. Die zuständigen Aufsichtsbehörden (z. B. Berufsgenossenschaften oder Gewerbeaufsicht) können empfindliche Bußgelder verhängen.
Versicherungsschutz in Gefahr
Versicherer prüfen im Schadensfall sehr genau, ob die vorgeschriebenen Prüfungen und Wartungen durchgeführt wurden. Liegt keine gültige DGUV V3 Prüfung vor, kann der Versicherungsschutz teilweise oder vollständig entfallen. Das bedeutet konkret:
- Die Betriebshaftpflichtversicherung kann Leistungen verweigern
- Gebäudeschäden durch Brand werden ggf. nicht übernommen
- Personenschäden können Regressforderungen auslösen
Das bedeutet für Geschäftsführer ein erhebliches persönliches und finanzielles Risiko – insbesondere in Betrieben mit komplexer elektrischer Infrastruktur.
Regressforderungen durch Berufsgenossenschaften
Ein besonders brisantes Thema: Regressforderungen nach Arbeitsunfällen. Wenn ein Mitarbeiter durch einen Stromunfall verletzt wird und die DGUV V3 Prüfung nicht ordnungsgemäß dokumentiert wurde, kann die Berufsgenossenschaft ihre erbrachten Leistungen (z. B. Behandlungskosten, Rentenzahlungen) vom Unternehmer zurückfordern.
In der Praxis kommt es regelmäßig zu sechsstelligen Beträgen – besonders, wenn ein bleibender Schaden vorliegt oder sogar Todesfälle auftreten.
Häufige Fehler in der Praxis
Viele Geschäftsführer verlassen sich darauf, dass die technische Leitung die Prüfungen „schon im Blick hat“. Häufige Versäumnisse sind jedoch:
- Keine oder veraltete Prüfprotokolle
- Prüfintervalle werden nicht eingehalten
- Falsche Dokumentation oder fehlende Qualifikation der Prüfer
- Fehlende Rückverfolgbarkeit der Maßnahmen
Ein weiteres Problem: In Konzernen oder bei mehreren Standorten ist oft unklar, wer konkret zuständig ist. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
Handlungsempfehlungen für Geschäftsführer
1. Zuständigkeiten klar definieren
Zuständigkeiten sollten schriftlich delegiert werden. Eine sogenannte „Pflichtenübertragung“ mit detaillierter Aufgabenbeschreibung und Unterschrift ist dabei essenziell.
2. Nur qualifizierte Prüfer einsetzen
Ob intern oder extern – die prüfende Person muss fachlich qualifiziert und zertifiziert sein. Achte auf aktuelle Schulungen und Nachweise.
3. Regelmäßige interne Audits
Nicht nur prüfen lassen, sondern auch die Durchführung selbst kontrollieren. So lassen sich frühzeitig Lücken entdecken.
4. Dokumentation professionell führen
Alle Prüfberichte, Mängelprotokolle und Maßnahmen müssen vollständig, aktuell und zentral abgelegt sein – idealerweise digital und revisionssicher.
5. Verantwortung aktiv wahrnehmen
Sicherheit ist Chefsache. Ein regelmäßiger Austausch mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und dem Prüfdienstleister gehört zur unternehmerischen Verantwortung.
Vorteile durch proaktive DGUV V3 Umsetzung
Neben der Haftungsvermeidung gibt es auch klare wirtschaftliche und strategische Vorteile:
- Minimierung von Ausfallzeiten
- Erhöhung der Arbeitssicherheit und Motivation der Mitarbeitenden
- Bessere Positionierung bei Audits und Zertifizierungen
- Positives Unternehmensimage im Hinblick auf Compliance und Verantwortung
Sicherheit – auch rechtlich – beginnt mit der DGUV V3 Prüfung
Die DGUV V3 Prüfung ist weit mehr als ein technischer Pflichttermin – sie ist ein zentrales Element des unternehmerischen Risikomanagements. Geschäftsführer, die diese Verantwortung ignorieren oder unterschätzen, begeben sich in eine gefährliche rechtliche Grauzone.
Nur wer die Prüfpflichten ernst nimmt, strukturiert delegiert und lückenlos dokumentiert, schützt nicht nur seine Mitarbeitenden, sondern auch sich selbst vor gravierenden rechtlichen, finanziellen und persönlichen Konsequenzen.