Dokumentation ist mehr als nur Papierkram
Im Rahmen der DGUV Vorschrift 3 sind Arbeitgeber verpflichtet, elektrische Anlagen und Betriebsmittel regelmäßig auf ihre Sicherheit zu prüfen. Doch in der Praxis zeigt sich ein gravierendes Problem: Immer wieder fehlen nach den Prüfungen die notwendigen Protokolle – entweder ganz oder in Teilen. Die Konsequenzen? Rechtsunsicherheit, Probleme mit der Versicherung und im schlimmsten Fall: erhebliche Haftungsrisiken für Unternehmen und Führungskräfte.
In diesem Artikel erfahren Sie, warum die Prüfprotokolle so wichtig sind, welche Mindestinhalte sie aufweisen müssen und wie Sie bei fehlenden oder mangelhaften Protokollen richtig vorgehen. Zudem zeigen wir Strategien, wie Sie dauerhaft für rechtssichere Dokumentation sorgen.
Warum Prüfprotokolle bei der DGUV V3 Pflicht sind
Die DGUV V3 Prüfung dient dem Schutz von Leben und Gesundheit am Arbeitsplatz – das ist unbestritten. Damit dieser Schutz jedoch auch nachgewiesen werden kann, bedarf es einer sorgfältigen Dokumentation der durchgeführten Prüfungen. Prüfprotokolle erfüllen hierbei gleich mehrere Funktionen:
- Rechtssicherheit: Sie sind der Nachweis, dass gesetzliche Prüfpflichten eingehalten wurden.
- Nachvollziehbarkeit: Sie zeigen, wann, wie und durch wen geprüft wurde.
- Verantwortungszuweisung: Sie dokumentieren, wer die Prüfung durchgeführt oder veranlasst hat.
- Mängelmanagement: Sie helfen bei der Identifikation und Nachverfolgung von Mängeln.
Ohne Prüfprotokolle steht der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen oder Prüfungen durch Berufsgenossenschaften buchstäblich „blank“ da – mit teils erheblichen rechtlichen Folgen.
Was genau muss ein Prüfprotokoll enthalten?
Die Anforderungen an ein Prüfprotokoll im Sinne der DGUV Vorschrift 3 orientieren sich an anerkannten Regeln der Technik – insbesondere an der DIN VDE 0701-0702 (für ortsveränderliche elektrische Geräte) sowie DIN VDE 0105-100 (für ortsfeste Anlagen).
Ein vollständiges Prüfprotokoll sollte mindestens folgende Informationen beinhalten:
- Datum der Prüfung
- Gerätebezeichnung und Inventarnummer
- Ort des geprüften Geräts/Anlage
- Durchführende Elektrofachkraft
- Messwerte und Prüfergebnisse
- Festgestellte Mängel und Maßnahmen
- Bewertung des Prüfergebnisses (Bestanden/Nicht bestanden)
- Unterschrift oder digitale Signatur des Prüfers
- Hinweise auf Nachprüfungen, falls erforderlich
Fehlen diese Angaben oder ist das Protokoll nicht vollständig, gilt die Prüfung als nicht ordnungsgemäß dokumentiert – mit entsprechenden Konsequenzen.
Welche Folgen haben fehlende Prüfprotokolle?
Fehlende oder unvollständige Protokolle sind kein Kavaliersdelikt. Sie können weitreichende Konsequenzen haben – sowohl im zivilrechtlichen als auch im strafrechtlichen Sinne:
1. Haftungsrisiko
Im Falle eines Unfalls kann der Unternehmer oder Geschäftsführer persönlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn kein Nachweis über die Sicherheitsprüfung vorliegt.
2. Versicherungsprobleme
Viele Versicherungen verlangen bei Schadensfällen den Nachweis regelmäßiger Prüfungen. Ohne Prüfprotokoll droht im schlimmsten Fall der Verlust des Versicherungsschutzes.
3. Bußgelder und Auflagen
Die Berufsgenossenschaft oder die Arbeitsschutzbehörde kann bei fehlender Dokumentation Sanktionen verhängen – bis hin zur Stilllegung von Anlagen oder Maschinen.
4. Imageschaden
Sicherheitsmängel und lückenhafte Dokumentation werfen kein gutes Licht auf ein Unternehmen – insbesondere gegenüber Kunden, Partnern oder Behörden.
Fehlende Prüfprotokolle – diese Fehler passieren besonders häufig
❌ Kein zentrales Prüfarchiv
Viele Unternehmen speichern Prüfberichte lokal auf einzelnen Rechnern oder sogar nur in Papierform – ohne zentrale Ablage oder Wiederauffindbarkeit.
❌ Prüfung durch nicht autorisierte Personen
Wird eine Prüfung durch nicht qualifiziertes Personal durchgeführt, fehlt oftmals die rechtssichere Dokumentation.
❌ Manuelle Erfassung mit Fehlern
Handschriftlich ausgefüllte Protokolle sind anfällig für Lesefehler, Lücken oder doppelte Erfassungen.
❌ Fehlende Prüfprotokolle nach externer Beauftragung
Wird die Prüfung extern vergeben, wird manchmal vergessen, die vollständige Dokumentation vom Dienstleister einzufordern oder zu prüfen.
So handeln Sie richtig bei fehlenden Prüfprotokollen
Wenn Sie feststellen, dass Prüfprotokolle fehlen oder unvollständig sind, ist schnelles und strukturiertes Handeln gefragt. Hier sind die wichtigsten Schritte:
✅ Schritt 1: Bestandsaufnahme
Überprüfen Sie, welche Geräte oder Anlagen betroffen sind. Gibt es vielleicht noch Teilprotokolle oder andere Nachweise (z. B. Prüfplaketten, Wartungsberichte)?
✅ Schritt 2: Kontaktieren Sie den Prüfer
Falls die Prüfung durch einen externen Dienstleister erfolgte, nehmen Sie umgehend Kontakt auf und fordern Sie die Protokolle nach.
✅ Schritt 3: Wiederholungsprüfung veranlassen
Wenn keine Dokumentation verfügbar ist, sollte die Prüfung erneut durchgeführt werden – durch eine qualifizierte Elektrofachkraft.
✅ Schritt 4: Interne Prozesse anpassen
Überarbeiten Sie die internen Abläufe, um künftig sicherzustellen, dass keine Prüfprotokolle verloren gehen. Dazu gehören Checklisten, Verantwortlichkeitsregelungen und digitale Prüfmanagementsysteme.
✅ Schritt 5: Risikobewertung aktualisieren
Dokumentieren Sie, wie Sie mit dem Fehler umgegangen sind, und passen Sie ggf. Ihre Gefährdungsbeurteilung an.
Prävention: So vermeiden Sie Dokumentationslücken in Zukunft
Wer dauerhaft für rechtssichere Prüfprotokolle sorgen will, braucht mehr als gute Absicht – es braucht System. Hier die besten Maßnahmen zur Prävention:
🗂 Zentrale, digitale Prüfarchivierung
Verwenden Sie ein digitales Prüfprotokoll-System mit Cloud-Anbindung oder serverbasierter Ablage, das regelmäßig gesichert wird.
📅 Automatisierte Prüfplanung
Nutzen Sie Softwarelösungen mit Erinnerungsfunktion und Kalenderintegration, um keine Prüfung mehr zu vergessen.
📄 Standardisierte Protokollvorlagen
Erstellen Sie unternehmensweit einheitliche Vorlagen mit Pflichtfeldern für jede Prüfart – so werden keine relevanten Angaben übersehen.
👩🏫 Schulungen und Awareness
Schulen Sie Mitarbeitende und Führungskräfte regelmäßig zum Thema Prüfdokumentation und elektrische Sicherheit.
🔄 Regelmäßige Audits
Führen Sie mindestens einmal im Jahr eine interne Kontrolle Ihrer Prüfprotokolle durch, um Lücken frühzeitig zu erkennen.
Praxisbeispiel: Was ein fehlendes Protokoll auslösen kann
Ein mittelständischer Betrieb ließ seine elektrischen Geräte regelmäßig durch einen externen Prüfdienst prüfen. Als es zu einem Schmorbrand an einem Wasserkocher kam, verlangte die Versicherung das Prüfprotokoll – doch dieses fehlte. Die Prüfung hatte zwar stattgefunden, der Dienstleister hatte das Protokoll aber nie übermittelt.
Ergebnis: Die Versicherung verweigerte die Leistung. Der Schaden in Höhe von 18.000 Euro blieb am Unternehmen hängen. Zudem musste eine neue Prüfung aller Geräte veranlasst werden – Kostenpunkt: über 12.000 Euro. Seitdem dokumentiert das Unternehmen intern jede Prüfung lückenlos digital.
Fazit: Ohne Prüfprotokoll ist jede DGUV V3 Prüfung wertlos
Die beste Prüfung nützt nichts, wenn sie nicht dokumentiert ist. Prüfprotokolle sind der Schlüssel zur Nachweisführung, zur Absicherung gegenüber Behörden und Versicherungen – und letztlich zur gelebten Verantwortung für die Sicherheit Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Fehlende Prüfprotokolle sollten nicht als Ausnahme, sondern als Warnsignal gesehen werden. Wer daraus lernt und seine Prozesse optimiert, verbessert nicht nur seine Rechtssicherheit, sondern stärkt auch die Sicherheitskultur im gesamten Unternehmen.