Sicherheit ist Führungsaufgabe
Die elektrische Sicherheit am Arbeitsplatz ist kein „Kann“, sondern ein „Muss“. Die DGUV Vorschrift 3 verpflichtet Unternehmen zur regelmäßigen Prüfung elektrischer Betriebsmittel und Anlagen – zum Schutz der Mitarbeitenden, der betrieblichen Infrastruktur und zur rechtlichen Absicherung. Doch wer ist verantwortlich für die Umsetzung? Ganz klar: der Arbeitgeber.
In diesem Artikel erfahren Sie, welche konkreten Pflichten Arbeitgeber bei der Durchführung der DGUV V3 Prüfung haben, welche rechtlichen Grundlagen gelten und wie Sie Ihre Verantwortung systematisch, sicher und wirtschaftlich umsetzen können.
1. Gesetzlicher Rahmen: Warum ist die DGUV V3 Prüfung verpflichtend?
Die DGUV Vorschrift 3 (ehemals BGV A3) ist eine Unfallverhütungsvorschrift der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Sie schreibt die regelmäßige Prüfung aller elektrischen Anlagen und Betriebsmittel vor. Diese Pflicht ergibt sich aus:
- § 5 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) – Arbeitgeber sind verpflichtet, Gefährdungen zu ermitteln und zu minimieren.
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) – fordert sichere Bereitstellung und Nutzung von Arbeitsmitteln.
- DGUV Vorschrift 3 – konkretisiert die Anforderungen für elektrische Betriebsmittel.
Wer diese Vorschriften ignoriert, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern auch Regressforderungen bei Arbeitsunfällen oder Bränden.
2. Die Arbeitgeberpflicht als zentrale Verantwortung
Die Verantwortung für die Durchführung der DGUV V3 Prüfung liegt uneingeschränkt beim Arbeitgeber – unabhängig davon, ob ein externer Dienstleister beauftragt wird oder die Prüfung intern erfolgt.
Kernpflichten sind unter anderem:
- Organisation und Beauftragung der Prüfung
- Auswahl qualifizierter Prüfer (Elektrofachkräfte)
- Festlegung geeigneter Prüfintervalle
- Dokumentation und Archivierung der Prüfergebnisse
- Sicherstellung der Mängelbeseitigung
- Einbindung in die Gefährdungsbeurteilung
Wichtig: Diese Pflichten sind nicht delegierbar im rechtlichen Sinne. Das bedeutet, selbst wenn externe Prüfunternehmen beauftragt werden, haftet im Zweifel der Arbeitgeber.
3. Auswahl und Qualifikation der Prüfer – Arbeitgeber in der Verantwortung
Die Prüfung darf ausschließlich durch qualifiziertes Personal erfolgen. Arbeitgeber müssen daher sicherstellen, dass Prüfer entweder:
- Elektrofachkräfte sind oder
- Elektrotechnisch unterwiesene Personen unter Aufsicht einer Fachkraft arbeiten.
Was muss der Arbeitgeber prüfen?
- Nachweise über Schulung und Qualifikation
- Erfahrung im Umgang mit ortsfesten oder ortsveränderlichen Geräten
- Kenntnis aktueller Normen (z. B. DIN VDE 0701-0702)
Wird ein ungeeigneter Prüfer eingesetzt, liegt die Verantwortung weiterhin beim Arbeitgeber – auch bei Vergabe an Externe.
4. Planung und Organisation der Prüfzyklen
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, regelmäßige Prüfungen zu planen und durchzuführen. Die Intervalle richten sich nach:
- Art und Nutzung des Geräts
- Umgebungsbedingungen (Feuchtigkeit, Staub, mechanische Belastung)
- Herstellerangaben
- Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung
Praxisbeispiel:
Ein Bohrhammer auf der Baustelle muss häufiger geprüft werden als ein Drucker im Büro. Der Arbeitgeber muss diese Einstufung treffen – idealerweise gemeinsam mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit.
Fehler vermeiden:
Viele Prüfpflichten geraten in Vergessenheit, weil keine zentralisierte Organisation besteht. Empfehlenswert ist ein digital gestütztes Prüfmanagementsystem mit automatischer Erinnerung.
5. Dokumentationspflicht: Rechtssicherheit durch Nachweise
Die lückenlose Dokumentation ist essenziell. Arbeitgeber müssen jederzeit belegen können:
- wann und durch wen die Prüfung erfolgte
- welche Geräte geprüft wurden
- welches Ergebnis die Prüfung hatte
- welche Mängel festgestellt und wie sie behoben wurden
- wann die nächste Prüfung fällig ist
Wichtig:
Eine bloße Prüfplakette auf dem Gerät reicht nicht aus. Die Protokolle müssen archiviert und im Schadensfall vorzeigbar sein – auch Jahre später.
6. Integration in den Arbeits- und Gesundheitsschutz
Die DGUV V3 Prüfung darf nicht als isolierte Maßnahme betrachtet werden, sondern ist ein Teil des betrieblichen Arbeitsschutzsystems. Arbeitgeber müssen sie in die Gefährdungsbeurteilung und das Sicherheitsmanagement integrieren.
Konkrete Maßnahmen:
- Geräte in die Gefährdungsbeurteilung aufnehmen
- Mitarbeitende unterweisen (z. B. Erkennen defekter Geräte, Meldewege)
- Prüfungen als festen Bestandteil im Arbeitsschutzkalender führen
- Zusammenarbeit mit Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt
7. Mängelbearbeitung – Pflicht zur Reaktion
Wird bei der Prüfung ein Mangel festgestellt, darf das Gerät nicht weiter verwendet werden, bis der Mangel behoben und nachgeprüft wurde. Arbeitgeber müssen:
- Mängel zügig dokumentieren
- Reparatur oder Austausch veranlassen
- eine Nachprüfung beauftragen
- das Gerät erst nach erfolgreicher Nachprüfung wieder freigeben
Achtung:
Wird ein defektes Gerät weiterverwendet und es kommt zu einem Unfall, haftet der Arbeitgeber – auch strafrechtlich.
8. Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeitenden
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, alle Beschäftigten zu unterweisen, wie sie mit elektrischen Betriebsmitteln sicher umgehen. Dazu gehört:
- Erkennen von Schäden (Kabelbruch, Wackelkontakt, Überhitzung etc.)
- Meldewege bei Verdachtsfällen
- Keine Eigenreparatur durch Laien
- Verständnis für Prüfplaketten und deren Bedeutung
Tipp:
Veranstalten Sie jährlich Sicherheitstage, führen Sie E-Learnings ein oder integrieren Sie das Thema in Unterweisungen nach § 12 ArbSchG.
9. Kontrolle externer Dienstleister – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist Pflicht
Beauftragt der Arbeitgeber ein externes Prüfunternehmen, bleibt er dennoch für:
- Auswahl
- Überprüfung der Eignung
- Kontrolle der Ergebnisse
Was geprüft werden sollte:
- Liegt eine Elektrofachkraft vor?
- Werden aktuelle Prüfnormen angewendet?
- Sind die Messgeräte kalibriert?
- Entsprechen die Protokolle den gesetzlichen Anforderungen?
Ein schriftlicher Vertrag mit klaren Pflichten (inkl. Datenschutz und Haftungsregelungen) ist dringend zu empfehlen.
10. Sanktionen bei Pflichtverletzung
Die Missachtung der Arbeitgeberpflichten kann schwerwiegende Folgen haben:
- Bußgelder durch die Aufsichtsbehörden
- Verlust des Versicherungsschutzes der Berufsgenossenschaft
- Haftung bei Arbeitsunfällen oder Sachschäden
- Persönliche Haftung der Geschäftsführung (z. B. § 823 BGB)
Im Extremfall kann eine fahrlässige Pflichtverletzung sogar strafrechtlich relevant werden, z. B. bei Körperverletzung durch Unterlassen.
Fazit: Verantwortung kennen – Sicherheit gewährleisten
Die Durchführung der DGUV V3 Prüfung ist keine Formalität, sondern ein gesetzlich verankerter Bestandteil des betrieblichen Sicherheitsmanagements. Arbeitgeber stehen dabei in der Pflicht, nicht nur Prüfungen zu beauftragen, sondern auch ihre Organisation, Durchführung und Nachbereitung zu kontrollieren.
Nur durch ein systematisches Vorgehen können Unfälle, Haftungsrisiken und Produktionsausfälle wirksam vermieden werden. Wer seine Arbeitgeberpflichten ernst nimmt, schafft nicht nur Sicherheit – sondern auch Vertrauen bei Mitarbeitenden, Kunden und Behörden.
Empfehlungen für die Praxis
- Benennen Sie eine verantwortliche Person für elektrische Sicherheit.
- Nutzen Sie digitale Prüf- und Dokumentationssysteme.
- Schulen Sie alle Mitarbeitenden regelmäßig.
- Legen Sie klare Prüfintervalle basierend auf Gefährdungsbeurteilungen fest.
- Überprüfen Sie regelmäßig die Qualität Ihrer Prüfdienstleister.