Zwischen Sicherheitsvorgabe und Versicherungsrealität
Die DGUV Vorschrift 3 ist für viele Unternehmen ein Begriff – sie regelt die regelmäßige Prüfung elektrischer Betriebsmittel und Anlagen. Doch weit weniger bekannt ist die direkte Verknüpfung dieser Prüfungen mit dem Versicherungsschutz. Im Schadensfall stellt sich häufig die Frage: Besteht der Versicherungsschutz nur, wenn die DGUV V3 Prüfung bestanden wurde?
Dieser Artikel geht genau dieser Thematik auf den Grund. Verständlich, tiefgründig und praxisnah beleuchten wir, welche Rolle die DGUV V3 Prüfung für Versicherungen spielt – und was Unternehmen tun müssen, um im Ernstfall nicht ohne Schutz dazustehen.
1. DGUV V3 – Mehr als nur eine technische Vorschrift
Die DGUV Vorschrift 3, früher bekannt als BGV A3, verpflichtet alle Arbeitgeber dazu, elektrische Betriebsmittel regelmäßig auf ihre Sicherheit hin zu prüfen. Ziel ist es, Personen- und Sachschäden durch elektrischen Strom zu vermeiden.
Warum das für Versicherungen relevant ist:
Die Einhaltung gesetzlicher Prüfpflichten wie der DGUV V3 gilt als Grundvoraussetzung für eine betriebliche Risikoabsicherung. Kommt es zu einem Schaden durch ein defektes elektrisches Gerät, prüfen Versicherungen, ob der Betreiber seiner Prüfpflicht nachgekommen ist – und ob die Prüfung ordnungsgemäß war.
2. Was sagt das Versicherungsrecht?
Grundsätzlich gilt im Versicherungsrecht: Wer grob fahrlässig handelt, riskiert den vollständigen oder teilweisen Verlust seines Versicherungsschutzes. Das betrifft auch technische Prüfpflichten.
Konkret bedeutet das:
- Kommt es zu einem Schaden durch ein elektrisches Gerät, das nicht oder fehlerhaft geprüft wurde, kann die Versicherung die Leistung verweigern.
- Besteht keine lückenlose Prüf- und Dokumentationskette, kann der Betrieb in Beweisschwierigkeiten geraten.
- Bei nachweislicher Missachtung von Sicherheitsvorgaben wie der DGUV V3 liegt schnell der Vorwurf der Fahrlässigkeit vor.
3. Typische Schadensfälle mit Prüfbezug
Um die Bedeutung der DGUV V3 Prüfung für den Versicherungsschutz besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf konkrete Szenarien:
Beispiel 1: Kabelbrand durch veraltetes Verlängerungskabel
Ein Mitarbeitender nutzt ein altes Kabel, das intern nie zur Prüfung erfasst wurde. Es kommt zum Kurzschluss und daraus folgend zum Brand. Die Gebäudeversicherung verlangt Nachweise der letzten Prüfungen. Fehlanzeige – keine Dokumentation vorhanden. Die Regulierung wird abgelehnt.
Beispiel 2: Stromschlag mit Personenschaden
Ein neuer Kollege erleidet beim Einschalten eines Geräts einen Stromschlag. Das Prüfprotokoll ist veraltet. Die Berufsgenossenschaft übernimmt die Kosten für Reha nur eingeschränkt und prüft Regress beim Arbeitgeber.
Beispiel 3: Betriebsunterbrechung nach Sicherungsausfall
Eine ungeprüfte Stromleiste verursacht einen Sicherungsausfall in einem Lebensmittelbetrieb. Kühlware verdirbt, Lieferfristen werden nicht eingehalten. Die Betriebsausfallversicherung verlangt einen Nachweis zur Geräteprüfung – der fehlt. Nur ein Bruchteil des Schadens wird ersetzt.
4. Ist der Versicherungsschutz also an die bestandene Prüfung gebunden?
Klare Antwort: Indirekt – ja.
Zwar ist in vielen Versicherungsverträgen die DGUV V3 nicht explizit als Bedingung genannt. Doch:
Die Einhaltung gesetzlicher und technischer Sicherheitsvorgaben gilt als Selbstverständlichkeit.
Erfüllt der Versicherte diese nicht, kann die Versicherung ihre Leistung verweigern – oder stark einschränken. Die Prüfung ist also ein indirektes Kriterium für den Erhalt des Versicherungsschutzes.
5. Das sagen Versicherungen in der Praxis
Viele Versicherungsgesellschaften geben offen an, dass sie bei Schäden die Einhaltung gesetzlicher Prüfpflichten prüfen. Das bedeutet konkret:
- Versicherer fordern im Schadenfall aktuelle Prüfberichte.
- Fehlen diese, müssen Versicherte beweisen, dass sie trotz fehlender Prüfung nicht grob fahrlässig gehandelt haben.
- Die Beweislast liegt beim Unternehmen – nicht bei der Versicherung.
Gerade bei hohen Schadenvolumen (z. B. Brandschäden, Personenschäden) gehen Versicherungen regelmäßig in die Tiefenprüfung.
6. Prüfung nicht bestanden – was nun?
Noch heikler wird es, wenn ein Gerät geprüft wurde, aber die Prüfung nicht bestanden hat – und trotzdem weiter betrieben wird. In diesem Fall ist ein Schaden fast immer mit dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit verbunden.
Wichtiger Hinweis:
Ein Prüfbericht mit dem Vermerk „nicht bestanden“ verpflichtet zum sofortigen Handeln. Wird ein solches Gerät weiterhin verwendet und es kommt zum Schaden, ist der Versicherungsschutz so gut wie ausgeschlossen.
7. Wie schützt man sich vor Versicherungslücken?
Unternehmen können mit gezielten Maßnahmen sicherstellen, dass sie im Ernstfall abgesichert sind:
✔ Vollständige Dokumentation
- Jede DGUV V3 Prüfung muss dokumentiert werden – mit Gerätenummer, Ergebnis, Prüfername, Datum.
- Auch Mängelbehebungen und Nachprüfungen müssen festgehalten werden.
✔ Einhaltung der Prüfintervalle
- Regelmäßige Prüfungen nach Einsatzumgebung und Risikobewertung
- Ein digitales Prüfmanagementsystem unterstützt die Fristenverwaltung
✔ Sofortige Maßnahmen bei Mängeln
- Geräte mit negativem Prüfergebnis sofort außer Betrieb nehmen
- Nachbesserung dokumentieren und Nachprüfung organisieren
✔ Mitarbeiterschulungen
- Sensibilisierung für Risiken
- Einweisung in den sicheren Umgang mit elektrischen Geräten
- Erklärung der Bedeutung von Prüfplaketten
✔ Externe Unterstützung
- Bei fehlender interner Fachkompetenz sollten qualifizierte externe Prüfdienstleister eingebunden werden
- Diese müssen ihre Qualifikation nachweisen können (z. B. Elektrofachkraft nach DIN VDE)
8. Ist der Versicherungsschutz auch bei Eigenprüfung gewährleistet?
Grundsätzlich: Ja – aber nur unter bestimmten Bedingungen.
- Die Eigenprüfung muss durch eine befähigte Person (Elektrofachkraft) erfolgen
- Die Ergebnisse müssen nachvollziehbar dokumentiert sein
- Die eingesetzten Prüfmittel müssen kalibriert und normgerecht sein
Wird die Prüfung unqualifiziert durchgeführt, stellt das im Schadensfall ein erhebliches Risiko dar – auch für die Haftung gegenüber Mitarbeitenden und Dritten.
9. DGUV V3 als Bestandteil des Risikomanagements
Versicherer erwarten von Unternehmen ein funktionierendes Risikomanagement. Die Einhaltung von Sicherheitsprüfungen wie der DGUV V3 ist ein zentrales Element dieses Systems.
Ein lückenloses Prüfkonzept mit aktuellen Protokollen signalisiert:
- Verantwortungsbewusstsein
- Organisationstalent
- Risikobewusstsein
Diese Faktoren können sogar bei der Einstufung von Versicherungsprämien eine Rolle spielen.
10. Fazit: Prüfung bestanden = Versicherungsschutz gesichert
Unternehmen, die ihre elektrischen Betriebsmittel regelmäßig und professionell nach DGUV V3 prüfen, tun mehr als nur Vorschriften einhalten – sie sichern ihren Versicherungsschutz.
Der Zusammenhang zwischen bestandener Prüfung und Versicherungsleistung ist zwar rechtlich indirekt, aber praktisch sehr konkret. Wer bei der Prüfung spart oder diese vernachlässigt, setzt nicht nur die Gesundheit seiner Mitarbeitenden aufs Spiel, sondern riskiert auch hohe finanzielle Schäden – ganz ohne Absicherung.
Weiterführende Informationen
Wer sich intensiver mit dem Thema elektrische Gefährdungen und Versicherungsrisiken befassen möchte, findet unter folgendem Link viele hilfreiche Informationen:
👉 DGUV Themenseite „Elektrische Gefahr“